MORDFALL HARIRI

Heiße Spur zur "Partei Gottes"

Ist es eine internationale Intrige oder haben die Ermittler schlicht Angst? Das Uno-Sondertribunal, das die Mordattacke auf den libanesischen Ex-Premier Rafik al-Hariri untersucht, hat nach Informationen des SPIEGEL überraschende neue Erkenntnisse - und verschweigt sie.
Schuld war demnach die Hisbollah.

14. Februar 2005 : Vor dem Hotel St. Georges in Beirut explodiert eine gewaltige Bombe, als gerade die Wagenkolonne des früheren Ministerpräsidenten Rafik al-Hariri vorbeifährt. In dem Inferno kommen neben Hariri Leibwächter und Passanten um, 22 Menschen insgesamt.

Warum musste Hariri sterben? Eine von den Vereinten Nationen beschlossene Untersuchung, befand Ende 2005, dass für den Mord wohl syrische Sicherheitskräfte und ranghohe Libanesen verantwortlich waren. Vier Verdächtige wurden verhaftet. Doch der letzte Beweis wurde nicht gefunden. Im April 2009 verfügte ein neu eingesetztes Uno-Sondertribunal die Freilassung der Männer.

Nun gibt es Hinweise auf neue und brisante Ermittlungsergebnisse. Wie der SPIEGEL aus dem Umkreis des Tribunals erfuhr und sich durch Einsicht in interne Papiere belegen ließ, steht der Fall vor einer Wende. Nach neuen Erkenntnissen waren es nicht Syrer, sondern Sondereinsatzkräfte der libanesischen Schiiten-Organisation Hisbollah ("Partei Gottes"), die den Anschlag geplant und durchgeführt haben.

Tribunal-Chef Bellemare und seine Richter wollen diese Erkenntnisse, die ihnen seit etwa einem Monat bekannt sind, offensichtlich zurückhalten.

Dass der Fall möglicherweise "geknackt" wurde, ist nach den Informationen des SPIEGEL-Informanten Spürsinn und Technologie zu verdanken. Eine Sondereinheit der libanesischen Sicherheitskräfte will die Nummern von Mobiltelefonen herausgefiltert haben, die sich an den Tagen vor dem Attentat und dann am Mordtag selbst in Hariris Umgebung lokalisieren ließen.

Die Enthüllungen über die mutmaßlichen Auftraggeber des Hariri-Mords dürften der Hisbollah schaden. Der Führer der Bewegung, die in den USA trotz ihres formalen Bekenntnisses zu demokratischen Spielregeln auf der Liste der Terrororganisationen steht, ahnt wohl kommende Probleme. Bei einer Rede in Beirut sprach Nasrallah von den "Verschwörungsabsichten".

Über die Gründe, warum das Hariri-Tribunal die Erkenntnisse zurückhält, lässt sich nur spekulieren. Womöglich fürchten die Ermittler, sie könnten die Lage im Libanon aufheizen. Eine schriftliche Anfrage des SPIEGEL beantwortete die Pressestelle mit dem Hinweis, zu "operativen Details" könne man sich nicht äußern.

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